• 13.12.2024
  • 23:00:56
Liveblick startet demnächst
Das FRF-Liveblick-Tagebuch
Wie ein neues Sendeformat entsteht
Träume ohne Schlaf sind meistens romantisch. Man denkt sich etwas aus, schmiedet Pläne und stellt sich bildlich etwas vor. Solche Träume werden oft verworfen, weil sie unrealistisch oder unerreichbar sind. Ich bin Karl-Heinz vom FRF - und ich hatte bereits 2005 eine Ambition, die ich nie verworfen habe. In den vergangenen 16 Jahren wurde immer wieder dieser Traumgedanke hergeholt und wieder einmal verworfen. Es waren unterschiedliche Dinge, die klemmten. Zum einen war es die damalige Technik, dann war es der Personalaufwand, dann wieder die Technik. Ich rede von meinem Projekt Liveblick. Ziel sollte es sein, dass wir auf Panoramakameras an den Küsten zugreifen, die Streams im Studio bündeln und zu einer Sendung formen. Mit dieser Idee gründete ich 2005 den Fernsehsender "Friesischer Rundfunk" und fiel gleich zu Beginn auf die Schnauze. Wie man in unserem Geschichtsbuch nachlesen kann, kam es in Esens am Montag, den 14. Februar 2005 zu einem sehr unfreundlichen Gespräch. Ich habe den Fernsehsender trotzdem gegründet - aber ohne Liveblick.

Im Laufe der Jahre holte ich meine Pläne immer mal wieder aus der Schublade, packte diese aber schnell zurück, weil ich mal wieder auf Granit gebissen hatte. Für mein Projekt brauchte ich die Touristiker, die dieses Projekt unterstützen sollten und natürlich auch eine Zukunft darin sehen sollten. Dass ist mir bis heute nicht gelungen. Ein ziemlich bescheuertes Gefühl, wenn die Urlaubexperten sagen, dass sie keinen Vorteil bei diesem Projekt sehen und man nur noch der einzige Mensch auf dieser Erde ist, der daran fest glaubt. Aber irgendwie kenne ich das Gefühl bereits. Die Gründung vom FRF verlief ähnlich.

Man muss aber auch sagen, dass der FRF damals im Jahr 2005 sein Programm in nur rund 80.000 Haushalte einspeisen konnte. Heute sind es 4,3 Millionen - und das inzwischen querbeet durch Deutschland. Es gibt viele Zuschauer, die das Programm des Friesischen Rundfunks schauen, weil der Sender seit der Gründung extrem viele Heimatbilder sendet. Und da der FRF mitten in einem Urlaubsland residiert, schaut man gerne hin, denn irgendwie war jeder Bundesbürger irgendwann in diesem Landstrich unterwegs und sieht dann bei uns seinen alten oder ständigen Urlaubsort - oder vielleicht auch seinen zukünftigen Urlaubsort. Der FRF-Zuschauer hat also einen täglichen Blickkontakt in dieses Küstenland und womöglich meldet sich das Fernweh.

Nun ist die Zeit gekommen. Ich muss den Fernsehsender auf andere Beine stellen, denn ich sehe für einen Regionalfernsehsender in der bisherigen Sendeform keine Zukunft. Corona wird noch eine ganze Weile bei uns bleiben und somit muss ich auch weiterhin mit erheblichen Verlusten bei den Werbeerlösen rechnen. Über Nacht hatten damals alle Einzelhändler ausgebucht. Ich muss also ein Format entwickeln, dass viel mehr Menschen erreicht und gleichzeitig neue Werbepartner findet. Ich bin fest entschlossen, nun mein Projekt Liveblick zu starten. Meinen genauen Plan findet Ihr hier.
Hier nur die Eckpunkte: Sekundär laufen die Bilder der Panoramakameras und schalten im 60-Sekunden-Takt weiter zur nächsten Kamera. Diese Bilder werden live moderiert und mit Musik unterlegt. Jede Kamerafahrt kann sofort gestoppt werden, wenn sich im Bild etwas ereignet (z.B. Schiff fährt in die Schleuse ein). Im oberen Bild befinden sich zwei Standleisten und eine Laufleiste. So kommen wir nun in den primären Bereich des Formats. Dort werden aktuelle News aus dem FRF-Kernsendeland eingeblendet. Immer wenn Nachrichtenbilder von aktuellen Geschehnissen vorliegen, kommen diese gleich zur Sendung. Außenreporter werden per Skype oder Zoom zugeschaltet und können live über den Sender eine Lagemeldung abgeben. Kurzum: FRF wird zum Regional-Nachrichtensender, der sofort reagiert, wenn etwas passiert.
Entweder ich gehe mit meinem Traum baden oder ich erschaffe etwas, was noch nie im Regional-Fernsehen in Deutschland dagewesen ist. Mit diesem Tagebuch, dass am 01.03.2021 gestartet ist, möchte ich Euch meine Gedanken aufzeigen, meine Fehleinschätzungen offenlegen und mein Stimmungsbild dokumentieren.

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Erster Tagebucheintrag zuerst | Letzter Tagebucheintrag zuerst


Mo
01.03.2021
Technische Lösung ist in Sicht
Mit dieser kleinen bestückten Platine sollte mein Plan gelingen. So ein Raspberry Pi ist eine Wunderwaffe.
Mit dieser kleinen bestückten Platine sollte mein Plan gelingen. So ein Raspberry Pi ist eine Wunderwaffe.
Mein Entschluss steht fest. Liveblick wird die Zukunft für den Friesischen Rundfunk sein. Vor vielen Jahren bin ich auf die Firma Livespotting aufmerksam geworden. Die Jungs dort betreiben professionell ein sehr großes Kameranetz in Deutschland und bringen diese Bilder auf die Webseiten der Touristiker. Schon damals fragte ich mich, ob das wohl auch mit Fernsehen funktionieren könnte. Im Oktober 2020 testete ich mit der Münchner Firma Panaccess mit einem Raspberry Pi einen Stream von Livespotting einzufangen und am TV-Mischer auszugeben. In das Internet einen Stream zu schießen, ist überhaupt keine Thema mehr in der heutigen Zeit. Jedoch einen sendefähigen Stream einzufangen, quasi aus dem Internet wieder herauszuholen und zu einem SDI-Signal umzuwandeln, dass war ein echtes Problem. Die Verbindung von einem Raspberry Pi und einem VLC-Player war die Lösung. Man, was habe ich mich gefreut. Damals, 2005, hätten es nur teure Ethernet-Standleitungen sein können, die man bei der EWE mieten konnte. Nun geht es also mit dem Internet, die Bilder der Panoramakameras im FRF-Studio einzufangen.
Di
02.03.2021
Sodom und Gomorra im Rack
So sieht es aus, wenn man tagelang testet. Kreuz und quer liegen die Boxen im Rack. Aber das sollte sich schnell ändern.
So sieht es aus, wenn man tagelang testet. Kreuz und quer liegen die Boxen im Rack. Aber das sollte sich schnell ändern.
Man konnte also einen Stream mit einer Raspberry Pi einfangen. Da ich aber in der ersten Phase 16 Livekameras eingeplant habe, mussten also 16 Boxen angeschafft werden. Auf jeder Box wurde ein Script aufgespielt, das mir Thomas Braun aus Nürnberg geschrieben hat. Sofern die Box startet, wird ein VLC-Player geladen und die Streamadresse ausgelesen. Da aber auch mal eine Kamera ausfallen kann und man nicht immer gleich das Script ändern möchte, stellte ich mir vor, vier weitere Raspberry Pi für den Notfall zu installieren. Nun sind wir bei 20 Einheiten.
Mi
03.03.2021
Testlauf sehr erfolgreich
Alle Streams laufen ohne Fehler und liegen am Mischer an.
Alle Streams laufen ohne Fehler und liegen am Mischer an.
Um die Streams zur Sendung zu bringen, müssen sie am TV-Mischer anliegen. Das Signal kommt per HDMI aus der Raspberry Pi heraus, wird dann mit einem Konverter auf SDI umgewandelt und schließlich am Mischer angelegt.
Do
04.03.2021
Livebilder lassen sich nun steuern
Mit einem Mischer können Kamerafahrten programmiert werden. In diesem Fall wechseln die Kameras nach 60 Sekunden.
Mit einem Mischer können Kamerafahrten programmiert werden. In diesem Fall wechseln die Kameras nach 60 Sekunden.
Als Mischer kommt ein 16-Kanal ATEM Production von Blackmagic Design zum Einsatz. Dieser ist für Mehrkamera-Liveproduktionen bestens geeignet. Dort können Makros programmiert werden, die dann bestimmte Funktionen ausführen. Insgesamt hat der FRF drei ATEM-Mischer im Einsatz. Dazu später mehr.
Fr
05.03.2021
Problem 1 ist unsere Regie
Während der Aufzeichnung saßen an dieser Regie drei Mitarbeiter.
Während der Aufzeichnung saßen an dieser Regie drei Mitarbeiter.
Als wir 2018 von Sande nach Friedeburg gezogen sind, war unsere Personaldichte wesentlich größer als heute. Somit wurde damals alles lang errichtet. Diese Strecke der Regie beträgt etwas über sieben Meter. Dort saßen damals zum Steuern der Gerätschaften vier Mitarbeiter. Diese Anzahl steht heutzutage nicht mehr zur Verfügung. Um Liveblick zu fahren, müsste man jetzt von der einen Seite zur anderen Seite springen. Diese Wege sind also für eine Livesendung mit wenig Personal ungeeignet.
Mo
08.03.2021
Problem 2 ist unsere Sendestraße
Hier sieht man unsere Sendestraße mit dem Playout-System.
Hier sieht man unsere Sendestraße mit dem Playout-System.
Das gleiche gilt auch für unsere Sendestraße. Auch wenn alles hübsch angeordnet ist, so sind auch hier die Wege zu weit. Man müsste 8-Meter-Arme haben, um eine Livesendung zu fahren. Ganz links befindet sich das Playout-System. In Bereich des weißen Holzracks der bisherige Test-Moderationsplatz für Liveblick.
Di
23.03.2021
Holz für die Umbauarbeiten trifft im Funkhaus ein
Der Laster bringt mir das bestellte Holz.
Der Laster bringt mir das bestellte Holz.
Nichts geht ohne Planung. Ich habe mir ein neues Studio ausgedacht, dass die beiden Einheiten von Regie und Sendestraße zu einem einzigen Studio formt. Diese neue Sendeabwicklung soll auf einem Podest stehen. Dazu habe ich mir einen Plan gezeichnet und das Holz zuschneiden lassen. Pünktlich stand der Laster auf dem Hof.
Mi
24.03.2021
Umbau wird gestartet und Tonkabine ist im Weg
Diese Tonkabine ist doppelwandig und absolut dicht. Lüftungsrohre sorgen dafür, dass man dort drinnen nicht erstickt.
Diese Tonkabine ist doppelwandig und absolut dicht. Lüftungsrohre sorgen dafür, dass man dort drinnen nicht erstickt.
Nach langer Planung soll nun die Regie und die Sendestraße umgebaut und zu einer Einheit zusammengefügt werden. Doch bevor die Arbeiten starten können, muss unsere megaschwere Vertonungskabine verschoben werden. Kein leichter Akt. Vier Männer und eine Frau waren nötig, um das schwere Teil Stück für Stück zu bewegen. Insgesamt ist diese Kabine bei uns intern schon 3x umgezogen. Daher wissen wir aus Erfahrung, dass dieser doppelwandige Kasten extrem schwer zu bewegen ist. Ein Abbau und ein erneuter Aufbau würde mit drei Mann einen ganzen Arbeitstag dauern. Schieben war also angesagt.
Do
25.03.2021
Alles muss Federn lassen
Die Sendestraße wurde komplett demontiert. Auch die Regie ist nicht mehr zu erkennen. Die Monitorwand blieb stehen.
Die Sendestraße wurde komplett demontiert. Auch die Regie ist nicht mehr zu erkennen. Die Monitorwand blieb stehen.
Für die neue Sendeabwicklung muss vorab die Deinstallation der Sendestraße und der Regie erfolgen. Nach mehreren Stunden Arbeit steht nur noch die nackte Monitorwand am alten Platz. Alle Geräte und Monitore wurden im Bereich der Gastronomie abgelegt. Die sieben Computer wurden vorab beschriftet. So kann ich sie bei der Neuinstallation schnell finden. Bei den Kabelleitungen achte ich besonders darauf, dass durchgängig 75 ohm eingehalten werden.
Fr
26.03.2021
Grundstein wird gelegt
Nein, es ist kein Sandkasten. Die ersten Bretter sollten der Grundstein sein.
Nein, es ist kein Sandkasten. Die ersten Bretter sollten der Grundstein sein.
Nein, im Funkhaus wird kein Sandkasten eingebaut. In Wirklichkeit ist das der Start des Aufbaus. Auf diesem soll dann später das neue Studio errichtet werden. Das Funkhaus des Friesischen Rundfunks ist mit Glasscheiben vom Restaurant getrennt. Man kann also beim Schnitzelessen das rege Treiben in der Produktion beobachten. Für mich ein Gefühl, wie im Zoo. Aber ich wollte das so - quasi als Alleinstellungsmerkmal. Das einzige gläserne Regional-TV-Studio in Deutschland. Damit für die Zuschauer und für die Besucher alles gut sichtbar ist, soll die neue Studio-Einheit königlich mitten im Funkhaus stehen. Dazu wird alles um 25 cm angehoben.