Tour am Ende - Team am Ende
Dazu die persönlichen Aufzeichungen von Karl-Heinz:
Großefehn ist die letzte Station der zweiten Staffel von Teleshopping on Tour. Und ich gebe ehrlich zu, dass ich darüber froh bin. Denn das war zum Schluss kein Spaß mehr, das war Knochenarbeit. Der Tagesablauf sah in den letzten Wochen so aus:
Gegen 16:00 Uhr fuhr das Vorkommando los und baute dann im jeweiligen Aufzeichnungsort die Bühne und die technische Ausstattung auf. Birte war dafür verantwortlich und ihr standen dafür fünf Mitarbeiter zur Verfügung. Ich fuhr eine Stunde später mit der Aufnahmeleiterin Kerstin und Marlies hinterher. Marlies hatte im Vorfeld stets zwei Hemden gebügelt (immer ein Ersatzhemd, weil ich gern klecker), etwa 50 Brote geschmiert, die Autogrammkarten bereitgestellt, die Schminkutensilien eingepackt und den ganzen anderen Kram erledigt. Mit Kerstin sprach ich während der Fahrt die tägliche „Gästeliste“ durch und ich bekam den einen oder anderen Tipp. „Der Herr xxx möchte nicht, dass er auf seinen Beruf angesprochen wird“ usw. Kerstin hat übrigens einen tollen Job gemacht. Meine ersten zehn Sätze bei der Aufzeichnung signalisierten meinen Mitarbeitern: „Jau – heute haben wir früh Feierabend“ oder „Oh, heute dauert es etwas länger.“ Die wenigsten Versprecher hatte ich in Pewsum, die meisten in Bad Zwischenahn – da wäre ich am liebsten ins Meer gesprungen. Das blöde ist, mir ist jeder Versprecher oberpeinlich, obwohl die Gäste vor Ort es als sehr witzig und menschlich angesehen haben. Meine Studiogäste schauten mich jedenfalls in Bad Zwischenahn oft verwundert an. Ein Mitarbeiter vom "Park der Gärten" musste sich vor laufender Kamera diese Frage gefallen lassen: "In Ihrem Park muss man wie viele Kilometer gehen, um ihn auszuleuchten?" Hääää? Völlig verrückt. Oder die blöde Ente, die ständig in meine Aufsager quaken musste. Ich frage mich ganz besorgt, was war der Grund für meine schlechte Leistung?
Dann war da noch die Tonfunkstrecke, die öfters meinte, sie müsse jetzt mal aussetzen und der Regen, der viele Regen. Oft fuhren wir mit Scheibenwischer Stufe 2 zum Aufzeichnungsort. Und dann fragt man sich, wieso gerade jetzt? Wieso muss es jetzt regnen? Das nervt unglaublich.
Und das alles geht mächtig auf die Pumpe. Etwa 90 Minuten dauerte eine Aufzeichnung – danach versammelte sich die Mannschaft und übte eine sehr kurze Kritik. Es waren nur ein paar Sätze. Schließlich wurde dann die gesamte Anlage wieder abgebaut. Wenn alles verstaut war, fuhren die Teamfahrzeuge wie eine Wagenburg rückwärts auf dem Platz zusammen. Und so saßen die Mitarbeiter dann in den geöffneten Kofferräumen der Kombis und hauten sich die geschmierten Brote von Marlies rein. Hier wurde dann auch die gesamte Sendung in aller Ruhe zerpflückt und starke Kritik geübt. Etwa gegen 00:00 Uhr waren dann die Mitarbeiter wieder im Bett. Bei den ersten Aufzeichnungen habe ich allen Mitarbeitern jeden Abend noch ein leckeres Essen in einer Gastwirtschaft spendiert. Doch da ist es dann noch später geworden. Somit haben wir nach drei Aufzeichnungen abgestimmt und uns für die Brote entschieden. Und so habe ich Marlies immer das Geld gegeben, das ich ohnehin im Restaurant bezahlt hätte. Sie hat dann dafür Wurst und Brot gekauft. Jetzt kann ich sagen, dass diese Wagenburg supertoll war – ja das hatte etwas – die Mannschaft saß zwar durchgefroren und manchmal auch klitschnass auf den Stoßstangen – aber keiner beschwerte sich - alle griffen abgekämpft, aber mit guter Laune zum Käse- oder Wurstteller. Am schlimmsten war es in Dangast. Da hat es uns voll zerbröselt. Im starken Regen musste auch die Bühne abgebaut werden. Ich habe überlegt, wo ich die Mannschaft halbwegs trocken zu Abend essen lassen kann. Nach einer Konvoi-Fahrt kreuz und quer durch Varel fand ich schließlich in der Nacht ein trockenes Plätzchen: beim Lidl – dort wo die Einkaufswagen stehen. Irgendwie haben dort die belegten Brote besonders gut geschmeckt. Gut, dass nicht die Polizei gekommen ist. Ich hätte schwer erklären können, wieso in der Nacht 13 Fernsehleute beim Lidl im Einkaufswagenschuppen gerade geschmierte Brote essen.
Am nächsten Morgen um 09:00 Uhr ging es dann wieder los. Das gesamte Bildmaterial von fünf Kameras musste eingelesen und auf die Schnittplätze verteilt werden. Dann mussten alle Beiträge geschnitten werden und das war hochkomplex. Mit voller Konzentration mussten wir mit fünf Videospuren arbeiten und uns lief täglich die Zeit davon. Das Mittagessen wurde uns von der Redaktion auf einen Teller vor unseren Monitor gestellt. Selbst einen Toilettengang überlegte man sich dreimal, ob die Zeit reicht. Etwa gegen 16:00 Uhr waren wir damit fertig und erschöpft. Schnell einen Kaffee und dann rückte auch schon wieder Birte mit dem Team aus – und ich dann eine Stunde später hinterher – und das 14 Aufzeichnungstage lang. Michael und Grit hatten noch Sonderaufgaben. Sie mussten die geschnittene Sendung an den fünf Kopfstationen von Kabel Deutschland einspielen. Dann sofort im Eilmarsch zum Team zurück. Für Michael bedeutete das z.B. für Pewsum: Hinte – Leer – Oldenburg – zurück nach Pewsum – dann Hinterwandkamera.
In Jever sind wir abgesoffen. Dort war der stärkste Regen. Ich habe mich immer gewundert, wieso dort eigentlich Gäste waren – doch sie kamen und blieben bis zur letzten Klappe. Eine Regenschirmfront, wie sie wohl selten in Jever zu sehen war. Ich dachte kurz vor Beginn, wir sollten absagen und die Menschen wieder nach Hause schicken. Auch das FRF1-Team konnte ich nicht in den Regen schicken. Das Wasser lief durch unsere Bühne, unsere Zelte – das Wasser war überall. Ich sah Birte an, runzelte die Stirn:“ Birte, was meinst du?“ Das fleißige Mädel, Chefin aller Kameraleute und Assistenten, schaute mich an und sagte ohne zu zögern: „Wir gehen raus!“ Und so mummelte sich das Aufnahmeteam ein, jeder nahm seine Kamera und seinen Assistenten und folgten Birte hinaus in den Starkregen. Das hat mich schwer beeindruckt – ich hätte fast heulen können – man, was für ein starkes Team.
In Hage lief alles prima – allerdings merkte ich nach der Aufzeichnung die ersten Schwindelanfälle. Als ich wegfuhr, musste ich in Norden halten. Mir stand der Schweiß auf der Stirn, obwohl es draußen kühl war. Doch schließlich erreichte ich mein Bett – allerdings doch nicht ganz unbeschadet, denn – obwohl die Schlafzimmertür offen war – lief und knallte ich gegen die Türzarge. Aber am nächsten Morgen hatte ich mein Gleichgewicht wieder. Also wieder ab 09:00 Uhr schneiden, schneiden, schneiden … und ab 19:30 Uhr vor großem Publikum: reden, reden, reden …
Das mit dem Gleichgewicht kam dann fast jeden Abend. Es ist ein komisches Gefühl, wenn man geradeaus geht und dann trotzdem – ohne es zu wollen - vom Weg abkommt und an einer Wand anklatscht. Nicole Pichler war gerade meine Interview-Partnerin in Großefehn, als ich schließlich dachte, jetzt musst du abbrechen und einen Arzt holen. Ich hielt mich am Pult fest – doch es ging trotz Schwindel und Brustschmerzen weiter. Kein Zuschauer hat davon etwas mitbekommen.
Die gesamte Tour war ein voller Erfolg und ich habe zwei Dinge gelernt und gespürt. Erstens habe ich das beste Team auf dieser Welt. Ich habe Mitarbeiter, die für den Friesischen Rundfunk durch das Feuer gehen. Die Tag und Nacht unterwegs sind, um den vielen Zuschauern täglich ein tolles Programm zu bieten. Zweitens habe ich festgestellt, dass der Friesische Rundfunk bei den Menschen hier im Land der Friesen noch beliebter ist, als ich bisher angenommen habe.